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Anlässlich Sandras 18. Geburtstag habe ich eine Erinnerungs- oder Gedenkschrift entwickelt für all die, die vielleicht kein Internet haben und trotzdem etwas zur Erinnerung haben möchten. Einige Ausschnitte davon werde ich hier veröffentlichen. 

 

16. April 2004 

Ich will euch heute die Geschichte von einem Sternenkind erzählen, die mir selbst in den Schoß gefallen ist. Jedem sei es frei gestellt, daran zu glauben, dass diese Geschichte die Wahrheit und nichts als die Wahrheit ist. Sicher kann man sie auch ganz anders erzählen, aber so ist sie tröstlich für mich und für das Sternenkind. 

Ein neues Sternenkind macht sich auf den Weg. 

Im wolkenweichen Himmelsgetümmel warten viele kleine, leuchtende Sternchen auf ihre große Reise zur Erde. Die guten Engel haben alle Hände voll zu tun in dem Getümmel den Überblick zu behalten. Jedes kleine Sternlein hat viel Zeit sich auf sein Erdensein vorzubereiten. Eltern ausgucken, Geschwister schon vorher auf die Reise schicken, sich von seinen zukünftigen Geschwistern verabschieden und vor allem ganz, ganz viel lernen für das Leben auf der Erde. Da gilt es auch, sich einen Namen auszusuchen, den es vom ersten Tag an auf der Erde nun tragen wird. Jedes Sternlein hat auf der Erde wichtige Aufgaben zu erfüllen. 

Und so kam es, eines Tages im April vor nunmehr 18 Jahren, dass ein recht kleines Sternlein, das vor lauter Aufregung ganz besonders hell strahlte, seinen großen Engel bat, nun seinen Weg antreten zu dürfen.

Auf der Erde war es noch dunkle Nacht und es nieselte ganz leise. Doch all das machte dem Sternenkind nichts aus. Es wollte nun endlich bei seinen ausgesuchten Eltern in den Armen strahlen und ihnen Freude und ganz viel Liebe und Wärme bringen.  

Der gute Engel begleitete das kleine Sternlein ans Himmelstor und  erklärte ihm, dass es auf der Erde viel Freude haben werde. Es werde ein besonders fröhliches Erdenkind, mit sehr geschickten Händen. Es wird viel Anteil am Leben der anderen Erdenmenschlein nehmen und ihnen Freude in ihr Herz bringen. Er sagte dem kleinen Sternlein aber auch, dass es nicht wie andere sehr lange auf der Erde bleiben könne.  

Es müsse, wenn es einen ebenso schön strahlenden Stern gefunden habe, zurück zum Himmelsgetümmel, um dann wieder recht hell am Himmel zu leuchten und den Menschen von hier oben den rechten Weg zu zeigen.  

Noch verstand das kleine Sternlein nicht alles, was der gute Engel zu ihm sprach, aber es strahlte mit aller Kraft. Und so begab es sich auf die große, unbekannte Reise.

In den Armen seiner neuen Eltern angekommen, probierte es gleich seinen neuen Namen aus. Alle riefen das kleine Sternlein von nun an Sandra, genau so, wie es sich das vorgestellt hatte.

Diesen Namen hatte sich das Sternlein mit großem Bedacht aus tausenden anderen herausgesucht und dem neuen Papa leise ins Ohr geflüstert.

Sandra – die Beschützerin – und es gab so vieles in dem neuen Erdenleben zu beschützen!

Als das Menschenkind Sandra selbst noch recht klein war, sorgte es sich schon um sein noch kleineres Brüderchen Christoph. Außerdem sorgte es sich immer um die zurückgebliebenen Sternlein im Himmelszelt. Und das ging ja am besten in den dunklen Nächten, denn dann konnte es alle da oben am Himmelszelt sehen. Manchmal wunderte sich die Mama gar sehr, warum das kleine Sternen-Mädchen des Nachts nicht so recht schlafen konnte. Es war eben seine Art mit den anderen Sternlein in Kontakt zu bleiben.

Aber auch dieses kleine neue Erdenmenschlein bedurfte eines großen Schutzes. Und den bekam es auch im Übermaß von seinem größeren Brüderchen Robert und seinen Eltern.

Die kleine Sandra strahlte jeden an, der ihr auf der Erde nur recht freundlich begegnete. So wie im Himmelsgetümmel. Ihren Erdeneltern machte sie viel Freude, auch ihren Großeltern und sogar Urgroßmütter, die es ja auch noch gab. Und alle herzten und liebten das kleine Menschlein. Viele sahen immer das ganz besondere Strahlen, das von dieser kleinen Sandra ausging. Ein wirkliches Sternlein im Weltengetümmel.

Und so wuchs das kleine Sandra-Mädchen heran in seiner Familie begleitet von seinen Eltern und seinen beiden Brüdern.

Bald entdeckte Sandra, dass sie mit ihren kleinen Händchen ganz besondere Dinge herstellen konnte. Sie konnte schnippeln und kleben und malen mit allem, was die große, weite Welt so zu bieten hatte. Und immer, wenn einer ihrer liebsten Menschen Geburtstag hatte, dann brachte sie ihm was von ihren kleinen Händchen mit und zauberte so ein Strahlen in das Geburtstagsgesicht. Und das Strahlen erinnerte sie wieder an ihr Himmelsgetümmel mit den vielen kleinen Sternlein. Und sie erinnerte sich manchmal an die Worte ihres guten Engels und prüfte ganz still, ob sie schon das richtige Sternlein gefunden habe.

Das kleine Sandra-Mädchen hatte viel Freude an allem, was sie auf der Erde lernen konnte. Leidenschaftlich gern tanzte sie mit anderen Erdenkindern. Sie drehte sich und drehte sich und fühlte sich ganz frei und strahlte bei jedem Schritt, der ihr gelang. Sie ging auch recht gern zur Schule, auch wenn das auf der Erde ganz anders war, als sie es von ihrem Himmelsgetümmel kannte.

Auch die Tiere hatten es ihr angetan. Sie versuchte sich in der Kunst des Reitens. So manches mal blickte die Sandra-Mama nur verwundert, wie ihr kleines Mädchen ohne Scheu die großen Pferde putzte und striegelte, sich in deren Boxen wagte und ohne Mühe sich auf den hohen Pferderücken schwang.

Jedes andere Tier, was in dieser Familie ein zu Hause fand, wurde mit Liebe und Fürsorge vom Sandra-Kind bedacht. So schmuste sie ausgiebig mit dem schwarzen Kater Strolch, kümmerte sich auf den Urlaubsreisen um ihn, so dass er nicht verloren ging.

Für ihr Häschen Gismou bekam sie von ihrem Papa einen Hasenstall gebaut, den sie noch mit Brüderchen Christoph mit Farbe versah. So war sie sehr stolz auf die Häschenwohnung. Im Winter durfte Gismou in ihrem Zimmer wohnen.

Einmal, an einem späten Winterabend, fand die Familie ein Jgeljunges. Das Sandra-Kind durfte es in Mamas Schal gewickelt nach Hause tragen. Fortan wohnte der kleine Gast im Bad, bekam den Namen Moritz und wurde vom Sandra-Kind und seiner Mama gepflegt, bis das neue Frühjahr kam.

Eine große Freude waren für das Sandra-Mädchen ihre „Weihnachtsmäuse“ Spidi und Gonzales. Sie trug sie in ihren Ärmeln durch die Wohnung und war begeistert, wenn die beiden in ihrem Zimmer alles absuchten und vor lauter Neugierde in allen Ecken Männchen machten. Das Sandra-Kind mochte jedes Lebewesen, auch Spinnen, Schlangen, Frösche – einfach alles versetzte sie in Entzücken.

Das kleine Sandra-Mädchen liebte aber auch ihre Freunde, Jungen wie Mädchen gleichermaßen. Und einige waren ihr besonders ans Herz gewachsen. Mit denen konnte sie ganz viele schöne, gemeinsame Dinge machen: „Siedler“ und andere Spiele spielen, Inline-Skates und Fahrrad fahren, basteln, malen, verstecken, …. Aber am allerschönsten war es für das Sandra-Mädchen, wenn sie mit ihren Freunden gemeinsam die Nacht verbringen und dabei die vielen Sternlein beobachten konnte.

Und weil ihre Eltern es gut fanden, dass Kinder ganz viel an der frischen Luft sind, reiste Sandra jedes Wochenende mit ihnen an einen Platz, auf dem keine festen Häuser sondern nur Anhänger mit Fenstern und Zelte standen. Sie spielte und tobte dort ganz ausgelassen mit ihren Brüdern und Freunden. Sie schwamm im Seewasser und versuchte sich im Fische angeln. Und spät abends schaute sie zum Himmelszelt, bewunderte die Sternschnuppen und winkte ihren Sternengeschwistern. Dort, an diesem Platz, war sie den Sternen noch viel näher. Sie liebte die sternenklaren Nächte.

Etwas machte dem kleinen Sandra-Mädchen noch besonderen Spaß. Sie liebte es aus vielen hundert einzelnen Teilen schöne Bilder zusammen zu setzen und saß oft stundenlang mit großer Engelsgeduld vor diesem großen Durcheinander. Nichts konnte sie davon abbringen, auch das letzte Teilchen noch an die richtige Stelle zu setzen.

Als das Sandra-Mädchen noch größer wurde, wuchs sie zu einem besonders schönen Erdenkind heran.

Ihre Eltern, betrachteten sie mit großem Stolz. Sie hatte schon so viel  gelernt. Sie hatte gelernt anderen gut zu zuhören, ihnen in Kummer und Sorgen beizustehen.

Sie konnte aber auch so fröhlich sein, zusammen mit ihren Freunden das Leben hier auf der Erde so richtig genießen. Und jeder der sie kannte bemerkte recht schnell, dass es ein Sternenkind sein musste, denn sie liebte die Nächte immer noch sehr.

Ihrer Mama war sie eine große Hilfe geworden. Wenn einer ihrer Lieben ein Fest feierte, dann zauberte Sandra herrliche Kuchen. Sie schmeckten allen Gästen ganz köstlich. Außerdem verstand sie sich bestens darauf mit ihren geschickten Händen, die Festtagstische in Kunstwerke zu verwandeln. Und so recht oft kümmerte sie sich liebevoll um ihren Papa und ihre Brüder, wenn die Mama mal nicht zu Hause war.

Manchmal machte das Sandra-Kind aber auch Erfahrungen, die wohl in einem jugendlichen Alter gemacht werden müssen, um daran zu reifen und zu wachsen. Sandra war aus dem Sternbild des Widders und so kamen hin und wieder auch ganz „widderliche“ Hörner zum Vorschein. Mit diesen führte sie so manches Wortgefecht, rieb sich an so manch anderen Menschen und versuchte damit auch die eine oder andere Wand um zu reißen.

Nicht immer waren ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt und für so einiges nahm sie gern die helfenden Hände ihrer Eltern in Anspruch. In einigen Sachen musste sie aber auch lernen, dass jedes Ding auf Erden zwei Seiten hatte und so mancher gefochtene Kampf nicht wirklich nützlich war. Aber das Sandra-Kind lernte ja noch und bemühte sich sehr, es beim nächsten Mal besser zu machen.

So wuchs und wuchs das Sandra-Kind nun schon über 16 Jahre heran. Als sich das Jahr 2002 in sein letztes Viertel begab, lernte Sandra einen jungen Mann namens Tim kennen, der tief in ihr drin etwas Neues erweckte. Sie konnte sich kaum satt sehen an seiner Schönheit. Sie liebte es, ihre freie Zeit mit ihm zu verbringen, zu tanzen, zu erzählen, Musik zu hören und noch vieles mehr. Und immer, wenn sie in seine Augen sah, hatte sie das Gefühl, dass sie mehr leuchteten als alle Augen, die sie bisher gesehen hatte. Eine tiefe Sehnsucht nach ihrem Sternengetümmel erweckte in ihr. Immer öfter schaute sie zum Himmelszelt.

Nun ja, und ihr lieber Engel im Sternengetümmel schaute oft zu ihr auf die Erde, beobachtete ihren Werdegang und reichte ihr beim Groß-Werden so manches Mal die Hand. Er hatte wohl gesehen, dass das Sandra-Kind nun seinen Stern gefunden hatte, der eben so hell strahlte, wie es selbst. Und so war die Zeit gekommen, dass nun beide Sternlein zurück mussten ins Himmelsgetümmel.

Der liebe Engel kam am 22. Dezember am frühen Morgen herab auf die Erde und nahm beide Sternenkinder liebevoll an die Hand. Sie freuten sich sehr ihn zu sehen und begannen so dann ihm alles zu erzählen, was sie als Erdenkinder erlebt hatten. Und so wanderten sie Hand in Hand auf einem Mondstrahl zum Himmel. Ein Engel mit zwei Sternenkindern, die für kurze Zeit glückliche Erdenkinder waren. Und wer meint dass alles kann sich so nicht zugetragen haben, der möge seinen Blick in einer sternenklaren Nacht zum Himmel wenden und er wird, wenn er es tief in seinem Herzen will, sie sehen können,  all die Sternenkinder.

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