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21.12.2011

 

Meine liebste Sandra,

er ist wieder da, der Tag.  Jedes Mal fühle ich mich wie ein Kaninchen vor der Schlange. Die Gedanken sind immer wieder die gleichen. Die längste des Nacht des Jahres ist zur längsten Nacht unseres Lebens geworden. Seit Wochen packe ich mich mit Arbeit zu, nähe, stricke, backe, koche, räume, putze - nur nicht zur Ruhe kommen, nicht denken müssen.

Erinnerungen immer wieder an die letzten gemeinsamen Wochen, an unseren Gesang im Auto, der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt, und und und - kleine Erinnerungsstücke drängen immer wieder nach vorn, wollen erhört werden.

Es wird das zehnte Weihnachten ohne dich - unglaublich, dass ich diesen Weg geschafft habe. Immer wieder tiefe Dankbarkeit an meine Familie und die "Mütter", die ich kennen und lieben lernen durfte. Wir gehen diesen Weg zusammen, reden, lassen euch leben und erinnern uns ganz bewusst eures Daseins.

Immer wieder bin ich erstaunt darüber, wie das Leben nach solch einem fundamentalen Schlag weiter geht. Es sieht alles so normal aus, so friedlich, als wäre nichts geschehen. Dabei brodelt es in mir drinnen, bin ich täglich einer Flut von Gedanken an dich ausgesetzt, die ich nicht verhindern kann. Und im Dezember ist es dann auch körperlich zu spüren, meine innere Anspannung und Müdigkeit wächst ins Unermessliche - alles bedarf einer ungeheuren Anstrengung.

Geliebtes, fröhliches, kleines Mädchen, das du einst warst. Mit einer glockenhellen Stimme, manchmal laut kreischend, wenn es was zum Streiten gab. Viel Elan steckte in deinem kleinen Körper, allem standest du aufgeschlossen gegenüber. Du warst oft anstrengend, unermüdlich plappernd, fröhlich singend und tanzend erobertest du dir die Welt.

Heute wirbeln wieder zwei kleine Wusel um mich herum. Wie sehr erinnere ich mich an euch drei Kinder, wenn diese beiden zusammen spielen. Der Große erklärend, führend - wie dein großer Bruder - der Kleine unentwegt plappernd, offen für alles, aber auch still puzzelnd, ganz gedankenverloren. Da werden so viele kleine Erinnerungen wach.

Meine Sehnsucht ist ungebrochen, die vergehende Zeit verändert dieses nicht. Dieses dich spüren wollen, dich in den Arm nehmen, dir erzählen, mit dir lachen, deine Stimme hören, dein Leben begleiten - im Hintergrund, denn du wärst ja schon erwachsen - all das ist unerfüllt und schmerzt zu jeder Stunde. Sich an dich zu erinnern ist eine Freude, tut gut, lässt mich von dir sprechen.  Aber diesen Tag, diese Nacht auszuhalten ist eine unerträgliche Aufgabe. Ich weiß, dass ich nicht allein damit bin, dass viele um mich herum, oft unerkannt und still dieses Leid tragen. Und doch bleibt es persönlich, mein Herz ist gestorben in dieser Nacht und es wird auf ewig immer wieder in dieser Nacht sterben - in tiefer Trauer um ein Menschenkind, mein - unser Kind!

Ich vermisse dich SANDRA, vermisse dich mit jeder Faser meines Körpers. Ich suche dich in den kleinen Wuseln, in deinen großen Brüdern, suche Spuren von dir.

Du bist so fest in meinem Herzen, in meinen Gedanken - ich trage dich überall mit mir, still, leise und stolz!

Du warst unsere kleine süße Tochter, unser ungestümer Sonnenschein, unser Sandwichkind - ich hab dich unendlich lieb und hoffe und wünsche, wann immer ich es kann, dir irgendwann wieder begegnen zu können, für ein ganz, ganz langes im Arm halten, für ein Vergessen dieses furchtbaren Schmerzes!

Ich umarme dich ganz fest , wo auch immer du gerade bist - mein STERNENKIND !

Erinnerungen  sind  kleine  Sterne,
die  tröstend  in  das  Dunkel
unserer  Trauer  leuchten.


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© I. Küster 2011

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